In diesem Blog widme ich mich der paradoxesten Beziehung die wir haben - zum Zucker.
Ich möchte den Blog heute in 3 Abschnitten aufteilen:
Warum lieben wir Zucker so sehr?
Was macht erhöhter Zuckerkonsum mit unserem Körper und Psyche?
Wie soll Zucker in unserem Leben Platz einnehmen?
1. Warum lieben wir Zucker so sehr?
Das BLV schätzt aufgrund von Zahlen von Agristat, dass die Schweizer Bevölkerung doppelt so viel Zucker konsumiert wie empfohlen, nämlich durchschnittlich zirka 100 Gramm pro Person und Tag.
Die Vorliebe des Menschen für Zucker ist ein komplexes Zusammenspiel aus evolutionären, physiologischen und psychologischen Faktoren:

Evolutionäre Gründe:
Energiequelle:
Für unsere Vorfahren war süßer Geschmack ein Signal für energiereiche, sichere Nahrungsmittel wie reife Früchte. Diese lieferten schnell verfügbare Energie, was für das Überleben entscheidend war.
Da energiereiche Nahrungsmittel in der Urzeit nicht immer verfügbar waren, hat der Körper gelernt, Zucker besonders zu schätzen.
Identifizierung sicherer Nahrung:
Süßer Geschmack half, giftige oder verdorbene Nahrung zu vermeiden, da diese oft bitter oder sauer schmeckt.
Physiologische Gründe:
Belohnungssystem:
Zucker aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn, was zur Ausschüttung von Dopamin führt. Dopamin ist ein Neurotransmitter, der Glücksgefühle auslöst.
Dieser Effekt kann dazu führen, dass wir uns nach mehr Zucker sehnen, um dieses angenehme Gefühl wiederzuerlangen.
Schnelle Energieversorgung:
Glukose, ein einfacher Zucker, ist die bevorzugte Energiequelle des Gehirns. Der Verzehr von Zucker führt zu einem schnellen Anstieg des Blutzuckerspiegels, was dem Gehirn sofortige Energie liefert.
Psychologische Gründe:
Emotionale Verbindung:
Süße Speisen werden oft mit positiven Erinnerungen und Gefühlen verbunden, wie z.B. Kindheitserinnerungen oder Festtage.
Trost und Entspannung:
Viele Menschen greifen zu zuckerhaltigen Lebensmitteln, um Stress abzubauen oder sich zu trösten.
Gewohnheit:
der Regelmässige Verzehr von Zucker kann zur Gewohnheit werden.
Marketing und Verfügbarkeit:
Zuckerhaltige Lebensmittel sind weit verbreitet und werden aggressiv vermarktet, was ihre Beliebtheit weiter steigert.

2. was macht erhöhter Zuckerkonsum mit unserem Körper und Psyche?
Zucker hat einen vielschichtigen Einfluss auf unseren Körper und unsere Psyche. Hier ein Überblick über die wichtigsten Auswirkungen:
Körperliche Auswirkungen:
Gewichtszunahme: Übermäßiger Zuckerkonsum kann zu Gewichtszunahme und Fettleibigkeit führen, da der Körper überschüssige Kalorien als Fett speichert.
Stoffwechselerkrankungen: Zucker erhöht das Risiko für Typ-2-Diabetes, da er die Insulinresistenz fördert.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Zucker kann den Blutdruck und den Cholesterinspiegel erhöhen, was das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall steigert.
Zahnprobleme: Zucker fördert Karies, da er von Bakterien im Mund zu Säuren abgebaut wird, die den Zahnschmelz angreifen.
Fettleber: Fructose, ein Bestandteil von Haushaltszucker (Saccharose), wird in der Leber verstoffwechselt. Ein hoher Konsum kann zu einer nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung führen.
Entzündungen: Zucker kann Entzündungen im Körper fördern, die mit verschiedenen chronischen Erkrankungen in Verbindung gebracht werden.
Nährstoffmangel: Zuckerreiche Lebensmittel enthalten oft wenig Nährstoffe. Ein hoher Konsum kann zu einem Mangel an Vitaminen und Mineralstoffen führen.
Hautalterung: Zucker kann die Kollagen- und Elastinproduktion beeinträchtigen, was zu Falten und einem Verlust der Hautelastizität führt.
Psychische Auswirkungen:
Stimmungsschwankungen: Zucker kann zu starken Schwankungen des Blutzuckerspiegels führen, was sich negativ auf die Stimmung und die Konzentration auswirken kann.
Angstzustände und Depressionen: Studien haben einen Zusammenhang zwischen übermäßigem Zuckerkonsum und einem erhöhten Risiko für Angstzustände und Depressionen gezeigt.
Energieschwankungen: Nach einem anfänglichen Energieschub durch den Zuckerkonsum kann es zu einem "Zuckercrash" mit Müdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten kommen.
Suchtverhalten: Die Aktivierung des Belohnungssystems im Gehirn durch Zucker kann zu Suchtverhalten und Heißhungerattacken führen.
Schlafstörungen: Zucker kann den Schlaf-Wach-Rhythmus stören und zu Schlafproblemen führen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Zucker sowohl kurz- als auch langfristige Auswirkungen auf unseren Körper und unsere Psyche hat. Ein übermäßiger Konsum kann zu einer Vielzahl von gesundheitlichen Problemen führen.
3. Wie soll Zucker in unserem Leben Platz einnehmen?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, den Konsum von Zucker auf maximal 10 Prozent der Gesamtenergiezufuhr einzuschränken. Bei 2000 Kilokalorien pro Tag sind dies maximal 50 Gramm Zucker (4 gestrichene Esslöffel).
Wenn wir bedenken, dass der Zucker, von dem wir sprechen, nicht nur in unseren klassischen Süssigkeiten vorhanden ist, sondern auch in unseren alltäglichen Produkten, die wir in unseren Hauptmahlzeiten verwenden, sind 4 Esslöffel relativ schnell aufgebraucht.
Das Konfibrötli, das Fruchtjoghurt, das Granola-Müesli, die Fertigsauce, die Fertigsuppe, das Softgetränk und viele mehr weisen ebenfalls einen Zuckeranteil auf.
Nun die entscheidende Frage: wie sollen wir damit umgehen?
Ich persönlich war ja lange gegen einen Zuckerverzicht, oder gegen das Auslassen von solchen Produkten. In der Zwischenzeit, wenn ich sehe wie sich die Beziehung zu Zucker verändert hat und wie schwer es den Menschen fällt, eine gesunde Beziehung damit zu entwickeln, ist meine aktuelle Empfehlung einen zeitlich begrenzten Zuckerverzicht einmal einzubauen, um einmal zu spüren, was mit einem geschieht, wenn man es bewusst weg lässt.
Zuckerverzicht - So würde ich vorgehen:
1 Monat Zuckerverzicht sich ermöglichen
Du hast richtig gehört - 1 Monat keinen Zucker essen. Abhängig von der Zuckermenge, die bisher konsumiert wurden, könnte sich ein folgender Verlauf zeigen:
die ersten 3 Tage: leichte Entzugserscheinungen wie Müdigkeit, Heisshunger, Unruhe
nach 1 Woche: Körper passt sich langsam dem reduzierten Zuckerkonsum an und Heisshungerzustände reduzieren sich
nach 2-4 Wochen: der Blutzucker stabilisiert sich, Geschmackswahrnehmen beginnt sich zu verändern. Natürliche Süsse wird intensiver wahrgenommen.
Mit Zuckerverzicht meine ich: Keine Lebensmittel zu sich zu nehmen, welche in der Zutatenliste eine Zuckerart enthalten haben (Wort mit "-ose", also Zucker, Saccharose, Glukose, Fruktose, Dextrose, Maltose ...). Ich persönlich (und das ist nur meine persönliche Meinung) sehe im Einbau von Honig während dieser Zeit keine Probleme. Bestmöglich ein regionaler Bio-Honig. Welcher Honig geeignet ist findest du in diesem Beitrag. Es geht vor allem um das Bewusst werden, wo sich der industrielle Zucker überall befindet. Lebensmittel mit natürlicher Süsse, wie beim Honig oder bei der Frucht, sollten dabei nicht mitverteufelt werden.

Das spannende in diesem Monat wird sein für dich:
du wirst realisieren, welche Gewohnheiten du mit Süssigkeiten in der Vergangenheit entwickelt hattest
du wirst dich mehr mit deinen Lebensmitteln auseinandersetzen und auf die Inhaltsstoffe achten
du wirst bemerken, wie häufig und an wie vielen Orten gezuckerte Lebensmittel verkauft / offeriert werden
du wirst natürliche Energielieferanten einbauen lernen, welche dir diese Energie und Süsse ersetzen können (z.B. Frucht, Datteln).
Das erste Mal wieder Zucker essen
Nach dem Monat Zuckerfrei wirst du vielleicht das Bedürfnis haben, wieder ein gezuckertes Lebensmittel zu essen. Vielleicht aber auch noch nicht - wenn das Bedürfnis nicht da ist, empfehle ich dir die zuckerfreie Zeit weiter fortzuführen.
So oder so wird wahrscheinlich irgendwann der Moment kommen, wo du solch eine Süssigkeit wieder essen wirst (z.B. aufgrund einer Einladung) - deshalb ist es wertvoll, wenn du dich auf diesen Moment mental vorbereitest und eine Selbstbeobachtung integrierst.
Beim Konsum des Lebensmittels empfehle ich dir folgendes:
Wahrnehmung vom Geschmack: wie intensiv ist die süsse? schmeckt es "zu süss" oder genau richtig?
Welche Gedanken hast du beim essen der Süssigkeit? sind es liebevolle, neutrale Gedanken oder stresst dich etwas, wühlt dich etwas auf?
Bedürfnis der Menge: wie viel von der zuckerhaltigen Speise möchtest du gerade, hast du schnell genug? oder möchtest du schnell mehr davon?
Beobachte dich die nächsten 24 Stunden:
Wie ist dein Energielevel, Spürst du einen Energieschub oder eher eine Müdigkeit? wie lange hält dieser Effekt an?
Wie ist deine Konzentration, wie geht es deinem Kopf? (z.B. Kopfdruck nach Zuckerkonsum spürbar?)
Wie war dein Schlaf (tief und fest oder bist du aufgewacht?)
Wie verändert sich deine Stimmung (eher euphorisch, entspannt oder gereizt, Erlebst du emotionale Schwankungen?)
Welche Gedanken gehen nun durch den Kopf (z.B. fühlst du dich schuldig, oder brauchst du mehr davon?) Achte auf deine inneren Dialoge und Bewertungen.

--> Notiere dir diese Selbstbeobachtung!
Die Beobachtungen, die du an diesem Tag machst, sind extrem wertvoll für deinen Umgang mit Zucker in der Zukunft. Wir haben öfters Symptome durch den Zuckerkonsum. Durchdass wir es aber in einer Selbstverständlichkeit täglich konsumieren, wirken die Symptome nicht wie Symptome, sondern wie eine normale Nebenerscheinung. Ich kann dir aber jetzt schon sagen: Energietiefs, Heisshungerzustände und das Gefühl von Gier beim Essen sind keine natürlichen Zustände. Dies sind folgen unserer Ernährungsweise und unserer Emotionsregulation.
Wenn du merkst, dass du Unterstützung möchtest, den Zucker auf eine gesunde Art und Weise wieder in dein Leben einzubauen. Wenn du Unterstützung brauchst, deine Selbstbeobachtung, deine Gedanken und Erkenntnisse aufzuarbeiten und eine gesunde Beziehung zum Zucker und Essen zu entwickeln - dann unterstütze ich dich gerne dabei.
Je besser wir spüren, wie unser Körper mit natürlichen Zutaten funktioniert ohne Einfluss von exzessiven Zuckerschüben, desto mehr sind wir motiviert, diesem natürlichen Zustand nachzugehen. Wenn wir spüren, dass uns etwas gut tut, möchten wir dies eher weiterhin einbauen, wie wenn wir es nur von Aussen empfohlen bekommen. Weil, dass Zucker nicht gut ist für unseren Körper, wissen wir rational alle. Wir dürfen es aber spüren lernen und erfahren, wie gut es sich anfühlt, wenn der Körper gut genährt wird.

Natürlich ist wie bei allem, der Zucker nicht ein Teufel und nicht der alleinige Teufel per se. Und der Zuckerverzicht ist nicht per se die isolierte Lösung einer guten Gesundheit. Die Nährstoffversorgung neben dem Zuckerverzicht, die körperliche Bewegung, der Umgang mit Stress, die mentale Gesundheit etc. - alles hat Einfluss auf uns. Den Zuckerkonsum zu verändern, kann jedoch neben der ausgewogenen Ernährung ein Schlüsselaspekt für viele Menschen haben, sich langfristig wieder intuitiv ernähren zu können - mit den Körpersignalen und nicht gegen sie.
Und da stehen wir nun - die Möglichkeit unser Zuckerkonsum anzugehen und mehr im Einklang mit unserem Körper zu leben. Ich wünsche dir eine tolle Selbsterfahrung dabei :)
Falls dich noch mehr zu diesem Thema interessiert:
Ein toller Beitrag zum Thema Zuckerkonsum in der Schweiz findest du hier:
Herzlichst
Samira
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